Studium / Ausbildung absetzen
Geeignet für: …jeden, der sich im Studium oder in der Ausbildung befindet, auch wenn bisher noch nicht gearbeitet wurde. Selbst wenn es euch nach viel Text vorkommt, denkt daran, dass ihr mit Steuervorteilen mehrere tausend Euro einsparen könnt und das im Gegenzug für ein paar Minuten lesen. Guter Stundenlohn, oder? (Stand 07/2017)
Warum ihr euer Studium/eure Ausbildung absetzen könnt, auch wenn ihr nicht gearbeitet habt
Jeder der studiert, oder sich in der Ausbildung befindet macht das, um damit später einmal ein Leben finanzieren zu können (zumindest ist das die Idee dahinter). Während dieser Zeit hat man aber auch einige Ausgaben und diese übersteigen in sehr vielen Fällen sehr schnell die Einnahmen. Zu den Ausgaben zählen beispielsweise die Fahrt zur Ausbildungsstätte, Kosten im (Auslands-)Praktikum oder Übernachtung und Verpflegung beim Besuch eines Seminares. Und da ihr diese Ausgaben nur habt, um später einmal gute brave Steuerzahler zu werden, kommt euch der Staat entgegen, indem ihr diese Ausgaben von der Steuer absetzen könnt (das könnt ihr sogar 7 Jahre rückwirkend machen!), auch wenn ihr noch keinen Cent verdient habt (naja, der Staat kommt euch teilweise entgegen… das macht er aber auch nicht freiwillig, aber so steht es nun mal im Gesetz). Ihr könnt nämlich in vielen Fällen eure Verluste ins nächste Jahr übertragen und das geht so lange bis ihr das erste mal keinen Verlust mehr erzielt. Damit wir aber weitermachen können, müsst ihr erst noch den Unterschied zwischen Sonderausgaben und Werbungskosten kennen.
Unterschied zwischen Sonderausgaben und Werbungskosten
Halt! Nicht gleich aufhören zu lesen. Sich damit auseinanderzusetzen ist zwar nicht das Schönste, aber es dauert auch nicht lang, versprochen. Warum ihr den Unterschied kennen müsst, erklärt sich bald von allein.
Wie ihr schon gelesen habt, könnt ihr einiges im Studium als Ausgaben von der Steuer absetzen, wodurch bei sehr vielen Studierenden/Auszubildenden schnell mal negative Bilanzen entstehen. Werden diese negativen Bilanzen in der Steuererklärung als Sonderausgaben eingetragen, so könnt ihr sie nur als Ausgaben bis zu einer Höhe von 6.000€ von der Steuer absetzen und auch nur in dem Jahr, für das ihr die Steuererklärung macht. Was aber, wenn ihr gar keine Einnahmen habt? Tja, dann müsste ihr eure Ausgaben bei den Werbungskosten eintragen. Hier habt ihr auch gleich zwei Vorteile:
1. Bei den Werbungskosten spielt die Höhe eurer Ausgaben keine Rolle (bei den Sonderausgaben haben wir ja ein Maximum von 6.000€)
2. Wenn eure Werbungskosten so hoch sind, dass sie eure Einnahmen übersteigen, dann habt ihr einen Verlust erwirtschaftet, welchen ihr in das nächste Jahr vortragen könnt. Wenn dann im darauffolgenden Jahr wieder ein Verlust erwirtschaftet wird, dann wird das Ganze aufaddiert. Und das geht so lange, bis ihr das erste mal keinen Verlust erwirtschaftet und dann kann’s eine fette Steuerrückzahlung geben.
Wir merken uns also: Werbungskosten sind für uns besser als Sonderausgaben
Rechenbeispiele
Beispiel 1:
Person A befindet sich im Masterstudium und verdient als studentische Hilfskraft 9.000€, hat aber im gleichen Jahr 8.000€ Ausgaben, welche das Studium betreffen.
Wenn Person A die Ausgaben nun als Sonderausgaben ansetzt, wissen wir ja bereits, dass uns das Finanzamt maximal 6.000€ erlässt. D.h. Person A müsste noch 3.000€ (9.000€ Einnahmen – 6.000€ maximale Höhe Sonderausgaben) versteuern. Da A aber unter der Freibetragsgrenze in Höhe von 8.820€ liegt, muss A keine Steuern für das Jahr zahlen.
Wenn Person A diese Ausgaben als Werbungskosten ansetzt, erkennt das Finanzamt 8.000€ als Verlust an und A müsste nur noch 1.000€ versteuern, was aber wieder unter der Freibetragsgrenze in Höhe von 8.820€ liegt.
In diesem Beispiel hat der Unterschied zwischen Werbungskosten und Sonderausgaben keine Auswirkung. Anders wird es hier:
Beispiel 2:
Person A studiert nach der Ausbildung 4 Jahre und macht jährlich einen Verlust in Höhe von 2.000€. Im ersten Arbeitsjahr hat A Einnahmen in Höhe von 40.000€.
Zum Ende des Studiums sind 8.000€ Verlust zusammen gekommen, wobei A die jährlichen Ausgaben in Höhe von 2.000€ als Werbungskosten angegeben hat. Da A nun im ersten Arbeitsjahr 40.000€ verdient, müssten eigentlich auch 40.000€ versteuert werden. Da aber noch Verluste aus dem Studium vorliegen, werden nur noch 32.000€ versteuert (40.000€ Einnahmen – 8.000€ Summe der Verluste). D.h. es werden 8.000€ weniger versteuert. Hätte A die Verluste jedes Jahr als Sonderausgaben angesetzt, so wären sie nicht ins nächste Jahr übertragen worden.
Warum gibt man dann die Ausgaben nicht einfach immer bei den Werbungskosten an? Wer sich das Rechenbeispiel aufmerksam durchgelesen hat, hat auch gemerkt, dass Person A erst nach der Ausbildung studiert. Was das nun zu bedeuten hat und was das mit den Werbungskosten zu tun hat, sehen wir uns auch mal näher an.
Steuerunterschied Erstausbildung und Zweitausbildung
Zunächst etwas Grundlegendes: Als Ausbildung zählt wirklich nur das Studium oder eben die Ausbildung, aber nicht der Besuch einer FOS oder BOS. Wenn ihr an euer Bachelorstudium ein Masterstudium dranhängt, dann zählt das Masterstudium übrigens schon als Zweitausbildung.
Bisher sagt der Staat, dass sich in der Erstausbildung befindende Personen die negativen Einkünfte nur als Sonderausgaben anrechnen lassen können wohingegen man in der Zweitausbildung die negativen Einkünfte als Werbungskosten anrechnen kann. Das bedeutet, dass man bisher nur im Zweitstudium Verluste ins folgende Jahr übertragen kann. Im Erststudium werden die Kosten bisher nur als Sonderausgaben angenommen, wodurch negative Einkünfte nicht ins folgende Jahr übertragen werden. Eigentlich bescheuert, oder? Das dachten sich auch ein paar Studenten und haben geklagt. Der Bundesfinanzhof steht da auf Seite der Studenten, jedoch interessiert das den Staat anscheinend nicht, weshalb sich das Bundesverfassungsgericht derzeit damit auseinandersetzt. Je nachdem wie dieses entscheidet, können auch sich in der Erstausbildung befindende Personen eine große Summe an Geld einsparen. Macht deshalb schon mal die Steuererklärung.
Jetzt bleibt nur die Frage: wie soll man die Steuererklärung ausfüllen, wenn es so viele Ausnahmen gibt (das ist ja fast so, als wollte das Finanzamt gar nicht, dass man sich Steuern zurückholt)?
Vorgehen bei der Steuererklärung
Stellt eine Liste (am einfachsten in Excel) mit allen ausbildungsbezogenen Ausgaben zusammen. Um zu verhindern, dass eure angegebenen Ausgaben zu niedrig ausfallen, schaut euch am besten die pauschalen Ausgaben an, die das Finanzamt meistens anerkennt.
Egal ob Erstausbildung oder Zweitausbildung, tragt dann eure Gesamtausgaben bei den Werbungskosten (Anlage N, Zeile 44) ein und schickt die ausgedruckte und unterschriebene Excel-Tabelle mit der Steuererklärung mit (ohne Rechnungsnachweise)!
Anmerkung für diejenigen, die sich in der Erstausbildung befinden: Da das Bundesverfassungsgericht noch keine Entscheidung gefällt hat, wird das Finanzamt die Werbungskosten vorläufig nicht anerkennen und als Sonderausgaben verrechnen. Ihr bekommt dann einen Vorläufigkeitsbescheid. Was das bedeutet? Nun, wenn das Bundesverfassungsgericht beschließt, dass Werbungskosten bereits im Erststudium anerkannt werden, dann muss das Finanzamt eure Bilanz neu berechnen und ihr bekommt den Verlustbescheid, welcher diese ganzen Sparvorteile bringt.
Für alle, die es noch nicht wissen:
In anderen Beiträgen wird erklärt, welche Formulare ihr braucht und wie ihr sie ausfüllt.
Alle hier vorgestellten Informationen spiegeln Recherche und Erfahrung wieder, dennoch kann es trotzdem zu Fehlern kommen. Wir übernehmen keine Haftung für inhaltliche Fehler, freuen uns aber trotzdem, wenn ihr uns auf gefundene Fehler aufmerksam macht 🙂
Quellen:
https://www.lohnsteuerhilfe.net/was-ist-eine-zweitausbildung-ausbildung-steuerlich-absetzen/